2. Der schwere Anfang
(1905 – 1914)
2.3 Umzug in die Kammerspiele
Reinhardt zog 1911 in das Knobelsdorffsche
Palais am Kupfergaben 7. Seine Schule, bisher auch im Palais Wesendonck, fand
ein neues Domizil im zweiten Stock des Hauses der Kammerspiele des Deutschen
Theaters. Mit dem Umzug war nach Aussage von Berthold Held «eine durchgreifende
Änderung des Betriebes der Schauspielschule verbunden. Während diese bis dahin
30-40 Schüler gehabt hatte, anfangs nach der Gründung sogar eine noch größere
Anzahl, werden seit der Übersiedlung in das Deutsche Theater nur 6-8 Schüler
und Schülerinnen in jedem der beiden Jahrgänge unterrichtet. Während früher ein
Honorar von 4 — 600,- Mk. gezahlt wurde, erfolgt der Unterricht seitdem
unentgeltlich.» Auch wurden die Schüler des ersten Jahrgangs nicht mehr im
Theater beschäftigt, und «die des zweiten Jahrgangs nur
ausnahmsweise am Schluß, wenn es für sie von Nutzen ist.» (2.20)
Das war zweifellos eine drastische Änderung und gewiss
auch eine Folge des misslungenen Versuchs von Reinhardt, den Status der Schule
anzuheben. In seinem Brief von l909 an den Minister hatte er keck von einer
«Theaterhochschule» gesprochen. Das tat er gewiss nicht nur in diesem Brief,
und es war sowohl eine Selbsteinschätzung als auch eine Absichtserklärung.
Seine Äußerungen führten behördlicherseits zu
Blick in
Unterrichtsräume
entsprechenden Recherchen. Die Leitung des Deutschen
Theaters antwortete dem Polizeipräsidenten, die Schule habe sich niemals als
Hochschule bezeichnet. (2.21) 1913 war sogar der
Eindruck entstanden, die Schule existiere gar nicht mehr. Der Minister der
geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten fragte mit Datum vom 19. Dezember
beim Polizeipräsidenten an, «ob die Schauspielschule des hiesigen Deutschen
Theaters noch besteht und, wenn dies der Fall ist, in
welcher Form.» (2.22) Ihm wurde von Regierungsrat
Klotz geantwortet: «Die Schauspielschule des hiesigen Deutschen Theaters
besteht z.Zt. noch.» (2.23)
Hinsichtlich des Schulgeldes war allerdings
schon wieder eine Änderung eingetreten. Rechtsanwalt Wolff erklärte am 19.
Dezember 1913: «Soweit mir bekannt ist, müssen die Mitglieder der
Schauspielschule Honorar bezahlen und müssen nachweisen, daß sie 2 Jahre lang
aus eigenen Mitteln leben können.» (2.24) Mithin:
Die kaum ein Jahr geübte Praxis, unentgeltlich auszubilden, ließ sich auch bei
stark reduzierter Schülerzahl ohne staatliche Unterstützung nicht
aufrechterhalten.
Bewegungs-Unterricht vor den Kammerspielen
Anmerkungen:
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„Alexander Granach und Hans Rodenberg in der Aufnahmeprüfung“
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