6. Der Neubeginn (1945-1951)
Irma Münch (Absolventin 1951)
6.4
Rückkehr in die Kammerspiele
Die weitere
gedeihliche und verantwortungsvolle Erörterung der aufgeworfenen Fragen
hinsichtlich der Schauspielerausbildung in Berlin war nicht möglich - politisch gravierende Ereignisse drängten sich vor. Die
das Potsdamer Abkommen verratenden
Westmächte (USA, Großbritannien, Frankreich) vollzogen die Spaltung
Deutschlands und Berlins.
Im Mai 1948 vertraten die Westmächte-Vertreter im Ausschuss für örtliche Angelegenheiten der
Alliierten Kommandantur die Auffassung, «daß Berlin nicht die Hauptstadt Deutschlands, sondern "ein Land" darstelle...» (6.37)
Ein amerikanischer Journalist frohlockte: «Die
Abspaltung Westdeutschlands und die separate
Währungsreform werden zu einer
"Atombombe" für die Berliner werden.» (6.38)
Am 18. Juni 1948 verkündeten die
Westmächte die separate Währungsreform. Dazu stellte einen Tag später der
Parteivorstand der Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands fest: «Dieser
Beschluß der Westmächte ist der furchtbarste Schlag gegen das deutsche Volk.
Dieser Beschluß bedeutet die Vollendung der Spaltung Deutschlands...» (6.39) Die
Außenminister der UdSSR, Albaniens,
Bulgariens, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens,
Polens, Rumäniens und Ungarns gaben am 24. Juni 1948 eine Erklärung ab, in der
es hieß «An Stelle des bisher bestehenden einheitlichen Währungssystems mit
einer für ganz Deutschland
einheitlichen Mark... führten die Regierungen der USA, Großbritanniens und
Frankreichs in separater Weise eine Währungsreform durch und setzten für den Westteil
Deutschlands eine besondere Mark fest. Das errichtet in wirtschaftlicher Hinsicht eine Mauer
zwischen dem Westteil Deutschlands und dem übrigen Deutschland..» (6.40)
Die Mehrheit des damaligen Magistrats spielte das
verhängnisvolle Spiel mit, das darin gipfelte, daß die Westmächte die D-Mark in
den von ihnen besetzten Sektoren einführten. Die fieberhafte Spaltungssucht
traf auch die Schauspielschule.
Am 20. Juli 1948 hatte Kurt Bork dem Intendanten des
Deutschen Theaters noch freundlich mitgeteilt, dass «Mittel für die Gründung
der Hochschule für darstellende Kunst nach der Währungsumstellung nicht mehr
zur Verfügung stehen... Damit dürfte die Diskussion um den Weiterbestand der
Schule des Deutschen Theaters... als abgeschlossen betrachtet werden... Bei
dieser Gelegenheit möchten wir Sie darüber informieren, daß der Wiederaufbau
des Schiller-Theaters geplant und bereits in Angriff genommen worden ist. Es
muß damit gerechnet werden, daß in Kürze alle im Schiller-Theater
untergebrachten Institute, Büros und Werkstätten zu räumen sind. Wir bitten Sie
daher zu prüfen, ob eine Unterbringung Ihrer
Schauspielschule in den Räumen der Kammerspiele möglich ist.» (6.41)
Das war zweifellos ein gut gemeinter Wink gewesen. Wobei
Bork noch nicht von konkreten Terminen gesprochen hatte. Jetzt nutzten
spaltungssüchtige Kräfte des Magistrats die Gelegenheit, um die Schule Knall
und Fall aus Westberlin hinauszuwerfen. «Das Ultimatum war ganz kurz. Wir
mußten innerhalb von einer Woche raus.» (6.42)
Anmerkungen:
6.37 Neues Deutschland, Berlin
28.5.1948 Zurück zum Text
6.38 Neues
Deutschland, Berlin 30.5.1948 Zurück zum Text
6.39 Neues
Deutschland, Berlin 19.6.1948 Zurück zum Text
6.40 Erklärung der Außenminister der UdSSR, Albaniens, Bulgariens, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens, Polens,
Rumäniens und Ungarns anläßlich der
Beschlüsse der Londoner Beratungen
über Deutschland, in: Potsdamer
Abkommen und andere Dokumente, Berlin 1950, S. 27 Zurück zum Text
6.41 Brief v.
Kurt Bork, Hauptamt Kunst u. Freizeitgestaltung, an Intendant Langhoff v. 20.7.1948, Stadtarchiv Berlin, Rep. 120, Nr. 2432, Bl.
154 Zurück
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6.42 Gespräch mit Irma Münch vom 19.7.1985,
HS-Archiv, Tonb.-Aufz. Zurück zum Text
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