6. Der Neubeginn (1945 – 1951)
Wolfgang Langhoff
6.5 Wolfgang Langhoff übernimmt die Geschäfte
Alle notwendigen Lehrveranstaltungen
der Schule von heute auf morgen in den Räumen des Deutschen Theaters unterzubringen, war nicht möglich. Langhoff organisierte Notlösungen. So wurden zunächst
Räume in der Luisenstraße genutzt, dann in der
Saarbrücker Straße und schließlich in der Klosterstraße. Bewegung und Tanz
wurden im Foyer unterrichtet, ein Teil des
Schauspielunterrichts spielte sich «in sämtlichen gerade freien
Räumen des Deutschen Theaters ab». (6.43)
Irma Münch: «Wir fühlten uns absolut zugehörig. Wir
hatten unser eigenes Zimmer, das sogenannte "Kinderzimmer", unten in
der DT-Kantine.» (6.44) Durch die politischen Ereignisse und
die notwendigen, kurzfristig zu treffenden Maßnahmen geriet die von Wolfgang
Langhoff in Angriff genommene Reorganisation der Schule ins Stocken. (6.45) Rudolf Hammacher hatte die Leitung der Schule noch vor
der separaten Währungsreform abgegeben. Seine Sekretärin, Gertrud Borck, hatte
das bereits im November 1947 kommen sehen: «Seit Juni 1946 habe ich nun meinen
vierten Chef, den Schauspieler und Spielleiter vom Deutschen Theater Rudolf
Hammacher, ein feiner Literat, bei aller Behutsamkeit, die er der Jugend
gegenüber hat, mit einem manchmal umwerfenden Humor begabt. Leider denkt er
immer noch an eine Karriere als Spielleiter in der Provinz, so werde ich ihn
wohl doch eines Tages verlieren.» (6.46)
«Hammacher ging nach Kassel», erinnert sich Hildegard
Buchwald-Wegeleben, «er meinte, die Treppe raufzufallen... Und da hat der
Langhoff die Geschäfte übernommen. Das weiß ich deswegen ganz genau, weil ich
damals Gitarren-Unterricht für die Studenten gegeben habe. Da mußte ich mit
Langhoff verhandeln.» (6.47) Natürlich konnte das keine
Lösung sein. Als neuer Leiter empfahl sich Wolfgang Weyrauch. Er publizierte unter
der Überschrift «Wie ich mir eine Schauspielschule vorstelle» seine Auffassung,
vermutlich eine Langhoff letztlich nicht genehme Konzeption. Da hieß es zum
Auftakt: «Jede Schauspielschule muß ein "grüner Wagen" sein. Ist sie
das nicht, ist sie nichts oder doch nicht viel wert. Jene Entfesselung, jene
Trunkenheit ohne Wein muß da sein, oder die Schauspielschüler werden schon
Beamte... Es widerspricht dem nicht, wenn ich sage, daß die zweite
Voraussetzung das Handwerk ist. Handwerk ist Fleiß und Genauigkeit. Erst wenn
Fleiß und Genauigkeit des Handwerks sich mit der Kühnheit und Entfachung des
"grünen Wagens" vereinigen, hat die Schauspielschule, hat die
Schauspielerei einen Sinn, ihren Sinn.» (6.48)
Weshalb es nicht zur Verpflichtung von Wolfgang Weyrauch
kam, ist nicht bekannt. Der neue interimistische Leiter hieß Horst Hoffmann, (6.49) bis dahin Regisseur für Oper und Schauspiel. Langhoff
behielt sich wesentliche Entscheidungen vor, auch unterzeichnete er
grundsätzlich die Zeugnisse der Absolventen.
Wolf-Dieter
Panse (Absolvent 1950)
Zeugnis
6.43 Gespräch mit Irma Münch v. 19.7.1985, HS-Archiv, Tonb.-Aufz. Zurück zum Text
6.44 Ebenda
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6.45 Vgl. Brief
v. Wolfgang Langhoff an Herrn Bork v. 11.6.1948, Stadtarchiv Berlin, Rep. 120, Nr. 2432,61.
147 Zurück
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6.46 HS-Archiv,
Bl. 611 Zurück
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6.47 Gespräch m. H. Buchwald-Wegeleben v. 19.7.1985, HS-Archiv, Tonb.-Aufz. Zurück zum Text
6.48 Wolfgang Weyrauch, Wie ich mir eine Schauspielschule vorstelle, in: Dramaturgische Blätter, 2.Jg.,
Berlin 1948, Heft 7, S. 316 Zurück zum Text
6.49 Vgl. Brief v. Wolfgang Langhoff an Otto
Dierichs v. 21.2.1950, HS-Archiv, Bl. D 14 Zurück zum Text
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