12. Ringen um das Profil  (1981-1985)

 

 

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12.6  Der Spielplan

 

Der Begriff Spielplan für die Stücke der Weltdramatik, die für die Ausbildung genutzt werden, ist durchaus anspruchsvoll. Er stimmt insofern, als mit der Art der Stücke, mit denen sich die Studenten beschäftigen müssen, auch geistige Entwicklungen ausgelöst werden sollen. Etwa hin zu den Spielplänen, die sie dann an den Theatern erwarten. Im übrigen sind die Szenen nicht nur «Turngeräte», an denen möglichst perfekt Technik trainiert wird, sie sind auch eine Herausforderung, sich mit der im Stück gespiegelten Realität und dem darin eingefangenen Weltverständnis auseinander zu setzen.

Spielplan ist das Sortiment der verwendeten Stücke auch deswegen zu nennen, weil ein Spielprinzip der Theater bereits an der Schule beherzigt wird — nämlich der stete Wechsel von klassischer und zeitgenössischer Dramatik. Diesen Wechsel berücksichtigend wird zugleich versucht, den Schwierigkeitsgrad von Jahr zu Jahr anzuheben. Die einfachste Verfahrensweise ist, statt zunächst einer dann zwei und schließlich mehrere Szenen einzustudieren. Zu früh auf mehrere Szenen zu orientieren, kann allerdings auch zu Oberflächlichkeit führen.

Es ist schon eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe für die Pädagogen, bei der Auswahl der Stücke solche zu nehmen, mit denen jeweils die nächsten Entwicklungsschritte für die betreffenden Studenten provoziert werden. Das ist grundsätzlich beim Übergang von der Prosa- zur Vers-Dramatik der Fall. Aber auch die Lockerheit einer Goldoni-Komödie will bewältigt sein. Einem feinsinnigen Tschechow ist nur mit hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Ein kompakter Heiner Müller stellt komplizierte sprachliche und gestische Anforderungen.

Zum Repertoire der nationalen und der Weltdramatik gehört alles, was unter den Realisten Rang und Namen hat. Da sind die antiken Tragöden - Aischylos, Euripides, Sophokles. Da ist Shakespeare mit fast allen seinen Stücken, Goldoni, auch Molière. Selbstverständlich werden Lessing, Schiller und Goethe gespielt, auch Lenz, Grabbe und Büchner. Hebbel ist vertreten und Kleist. Ibsen, Shaw und Hauptmann finden sich im Spielplan, Gogol, Tschechow, Ostrowski und Gorki. Garcia Lorca ist zu nennen, Horváth, Molnar, O'Casey, Pagnol, Sartre, Sternheim, Strindberg, Synge, Toller, Tolstoi, Wedekind. Auch Autoren der sowjetischen Revolutionsdramatik wurden gespielt: Bill-Bjelozerkowski, Iwanow, Katajew, Lawrenjew, Pogodin, Wischnewski; sodann die Autoren der Gegenwart: Arbusow, Dworezki, Rosow, Tendrjakow und Wampilow.

Die zeitgenössische nationale Dramatik repräsentierten vor allem Bertolt Brecht, Johannes R. Becher und Friedrich Wolf sowie Helmut Baierl, Volker Braun, Jürgen Groß, Peter Hacks, Claus Hammel, Rainer Kerndl, Alfred Matusche, Heiner Müller, Helmut Sakowski und Armin Stolper.

Aus der Weltdramatik fanden Autoren wie Dario Fo, Athol Fugard, Franz Xaver Kroetz, Arthur Miller, John Osborne und Arnold Wesker, auch Peter Weiss und Rolf Hochhuth besondere Beachtung.

 

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Thomas Pötzsch und Axel Wandtke (r.) in Dario Fos „Die Frau zum Wegwerfen“

 

 

 

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