3.
Im Sog des ersten Weltkrieges
(1914 – 1920)
3.1 Zur Auflösung fällig
Bei Ausbruch des
ersten Weltkrieges existierte die Schule rund zehn Jahre. Die schauspielerische
Ausbildung hatte sich letztlich mehr oder weniger meistern lassen, was die
Öffentlichkeit anzuerkennen wußte. Max Reinhardt war
im Mai 1909 «in Würdigung seiner Leistungen als Regisseur sowie als Leiter der
Schauspielschule des Deutschen Theaters vom Herzog von
Sachsen-Coburg-Gotha zum Professor ernannt worden...» (3.1)
Und im gleichen Jahr hatte er dem königlichen Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten selbstbewußt geschrieben: «Die Hoftheater in Karlsruhe,
Mannheim, Meiningen, München, Wiesbaden, Oldenburg, Gotha, Neustrelitz, die
Stadttheater in Aachen, Basel, Bern, Bonn, Bremen, Breslau, Göttingen, St.
Gallen, Gießen, Mainz, Posen, Teplitz, das
Düsseldorfer Schauspielhaus, das Hebbeltheater,
Schillertheater und viele andere Bühnen in und außer Berlin haben bereits
Schüler dieser Anstalt engagiert.» (3.2)
Doch nun setzte der Krieg eine merkliche Zäsur. Hans Rodenberg erinnert sich: «Die zwei Jahre Schauspielschule
näherten sich ihrem Ende. Wir wußten, nach der Abschlußprüfung würde der Kampf um das Engagement beginnen.
Keiner konnte sich genau vorstellen, an welchem Theater er anfangen würde. Wenn
man mich gefragt hätte, ich wäre am liebsten am Deutschen Theater geblieben. Es
kam aber nicht dazu. Es kam auch zu keiner Abschlußprüfung.
Der österreichische Thronfolger und seine Frau wurden von serbischen
Nationalisten ermordet, ein Weltkrieg begann.» (3.3)
Die Schule geriet in eine kritische Lage.
Schon vor 1914 hatte das nachlassende Interesse Reinhardts der
Schule Abbruch getan. Sie war ein Zuschuß-Unternehmen
geworden, «ihr Ruf durch die Unstetigkeit der Leitung, der wahllosen und
zahlenmäßig zu weitherzigen Aufnahme von Schülern sehr gesunken. Im Kriegsjahre war sie zur Auflösung fällig...» (3.4)
In dieser Situation bot Berthold Held
Reinhardts Bruder Edmund an, «die Schule in Selbstverwaltung auf eigenes
Risiko» (3.5) zu führen. Die Brüder gingen auf den
Vorschlag ein. Dem Theater wurden alle Kontrollmöglichkeiten bezüglich der
Führung der Schule vertraglich eingeräumt, und Held galt «als mit der Leitung
der Schule beauftragt». (3.6)
3.1 Staatsarchiv Potsdam, Pr. Br. Rep. 30 Berlin C, Polizeipräsidium, Th Nr. 12762, Bl. 3
3.2 Staatsarchiv Potsdam, Pr. Br. Rep. 30 Berlin C, Polizeipräsidium, Th Nr.
2839, Bl. 5
3.3 Hans Rodenberg,
a.a.O., S. 19
Zurück
zum Text
3.4 Berthold Held an Max Reinhardt, Brief vom 6. Juni 1930, HS-Archiv, Bl.
492
3.5 Ebenda
3.6
Ebenda
Zurück zum Text
Weiter zu „Berthold Held – der Direktor“
Zurück zur Startseite