7. Die
Staatliche Schauspielschule (1951)
7.1 Verstaatlichung des Ausbildungswesens
Am 12. Juli 1951
beschloss die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik die Errichtung
der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten. Zu deren ersten Aktivitäten
gehörte die Reorganisation der Ausbildung des schauspielerischen Nachwuchses (7.1) Die Maßnahme war im Ministerium für
Volksbildung vorbereitet worden und stand im Zusammenhang mit der Beratung und
Verabschiedung eines Theatergesetzes. In einer Denkschrift über die
Notwendigkeit eines Theatergesetzes hieß es: «Jedem wirklich begabten jungen
Menschen muß ohne Rücksicht auf seine
wirtschaftlichen Verhältnisse die Möglichkeit einer künstlerischen Ausbildung
gegeben werden. Die Verstaatlichung des gesamten Ausbildungswesens ist die
Voraussetzung einer gesunden Entwicklung der Bühnenkunst.» (7.2)
Im
Entwurf D des Theatergesetzes vom 19. November 1950 war noch die Möglichkeit
eingeräumt, daß die Ausbildung «in einer dem Theater
angegliederten Schule» erfolgen kann. Im Entwurf H vom 27. Februar 1951 konnte
in «begründeten Ausnahmefällen» die Ausbildung «an besonders dafür
qualifizierten Theatern» zugelassen werden, sollte aber «nur als Fortsetzung
einer schon begonnenen Grundausbildung Anwendung finden».
(7.3) Damit war entschieden, die Ausbildung von
den Theatern zu lösen.
Dieser
Konsequenz waren gründliche Analysen vorausgegangen. Schon in einem frühen
Arbeitspapier zur «Situation des Schauspielernachwuchses in der sowjetischen
Besatzungszone» hatte es geheißen: «Tatsache ist, daß
das größte Kontingent des Schauspielernachwuchses durch die Hände von
Privatlehrern geht, die meist aus rein geschäftlichen Gründen ihr Gewerbe
betreiben...» Den Theatern angeschlossenen Schulen wurde zwar bescheinigt, daß sie «gutes handwerkliches Können» vermittelten, aber
die soziale Lage der Schüler sei «so schlecht, daß
sie entweder Halbtagsarbeit leisten» oder aber «am Theater durch kleine Rollen»
sich «das Schulgeld und ihren Lebensunterhalt verdienen müssen».
Die
Schlussfolgerung lautete: «Hier muß die Forderung
erhoben werden, diese Schulen von den Theatern zu trennen und sie entweder als
staatliche oder als städtische Schulen zu führen, wobei durch Stipendien die
soziale Lage der Schüler... gebessert werden muß.» (7.4) Der nunmehr
beabsichtigten Neugestaltung ging eine umfangreiche Sichtung voraus. (7.5) Dr. Gerhard Piens beschreibt:
«In diesen Jahren 1950/51 ist auf mancherlei Initiative eine große Aktion in
Gang gewesen in der ganzen DDR, alle vorhandenen
Schauspieler-Ausbildungsstätten zu überprüfen und Maßnahmen zur Verbesserung
der Unterrichte zu ergreifen. Zu dem Zweck wurden Kommissionen gebildet, auch
reisende. Ich gehörte zu solch einer Kommission auch.» (7.6)
Es zeigte sich, «daß die Ausbildung an allen
Instituten nicht den Ansprüchen genügte, die wir an die Ausbildung des
schauspielerischen Nachwuchses stellen müssen.» (7.7) Zu
oft, wurde festgestellt, fielen die Unterrichte wegen der hauptamtlich als
Schauspieler oder Regisseure tätigen Lehrer aus, und «die weniger bemittelten
Schüler mußten sich ihr Schulgeld durch Statisterie
oder andere Nebenbeschäftigungen verdienen... Um die Massenausbildung eines
unqualifizierten Schauspielernachwuchses unmöglich zu machen, ergab sich die
Notwendigkeit der Reorganisation der Schauspielausbildung.» (7.8)
Anmerkungen:
7.1 Vgl. Arbeitsprotokoll «Wie der künstlerische
Nachwuchs in der DDR gefördert wird», Archiv Ministerium für Kultur, Sign. Nr. 927/22 Zurück zum Text
7.2
Denkschrift über die Notwendigkeit eines
Theatergesetzes, Archiv M.f.K.,
Sign. Nr. 986/12 Zurück
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7.3
Entwürfe des Theatergesetzes,
Archiv M.f.K., Sign. Nr. 986/1 2
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7.4
Arbeitsprotokoll «Situation des Schauspielernachwuchses
in der sowjetischen Besatzungzone»,
darin aufgeführt: Hochschulen: Deutsch. Theaterinstitut in Weimar,
Leit. Prof. Vallentin, 28 Schüler;
Theaterabtl. d. Musikhochsch. in Leipzig, Leit. Prof. Fischel, Reg. u. Schausp. d. Städt. Bühnen Leipzig, 17 Schüler; Theaterabt,
d. Musikhochschule Halle, Leit.
Prof. Dura, hauptamtl., ca. 35
Sch.; Staatl. Akademien: Theaterabtl. d. Musikakademie Dresden, Leit. Dierichs,
Reg. u. Schausp. d. Staatsth. Dresden, 15
Sch.; Staatl. Schulen: Schauspielschule
Schwerin, ca. 15 Sch., Leit.
Kahler, Intend.
d. Staatstheaters Schwerin; an Theater
angeschlossene Schulen ohne staatl.
oder städt. Unterstützung: Schauspielschule
d. Chemnitzer Theaters, Leit. Käsler, Schauspieldir.
d. Städt. Bühnen, 18 Sch.; Schauspielsch. d. Magdeburger Theater, Leit. Dorow, Schausp. u. Reg., 20
Sch.; Schauspielschule Erfurt (halbstädtisch), 15 Sch.;
im Ostsektor von Berlin befinden sich folgende Schulen: Defa-Schule, Leit. Kepich, 40 Sch.; Schule des Deutschen Theaters, Leit. Horst Hoffmann, ca. 23 Sch.», Archiv M.f.K., ohne Sign. Zurück zum Text
7.5 Zum
Beispiel forderte das Referat Theater der Hauptabtl.
Kunst und Literatur im Minist, f. Volksbildung im
Dez. 1950 die «sofortige Überlassung eines Lehr- und Studienplanes
von jeder Nachwuchsschule unserer Theater...», Hausmittlg.
v.7.12.1950, Archiv M.f.K.,
Sign. Nr. 996/2 Zurück
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7.6 Gespräch m.
Dr. Gerhard Piens v. 13.7.1985, HS-Archiv, Tonb.-Aufz. Zurück zum Text
7.7 Analyse d. Ausb. an den staatl. Schauspielsch.
in d. DDR, Archiv M.f.K.,
Sign. Nr. 3004/T Zurück
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7.8 Ebenda Zurück zum Text
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