„Moskau – Petuschki“ von Stephen Mulrine am Maxim Gorki Theater Berlin, Regie Beate Heine

 

 

 

Moskau - Petuschki

 

Im Stile kindischen Larifari-Theaters demonstriert Joachim Meyerhoff im Studio des Berliner Maxim Gorki Thea­ters den Monolog »Moskau - Petuschki«, den Stephen Mulrine nach der gleichna­migen Novelle des Russen Wenedikt Jerofejew gefertigt hat. Wenja, ein notorischer Trinker, quasselt sich auf einer Eisen­bahnfahrt von Moskau nach Petuschki die verkorkste Seele aus dem Leib. Gemein­sam mit Beate Heine hat sich Joachim Meyerhoff szenische Hinfalle arrangiert, um den Monolog nicht nur als rhetorische Angelegenheit auf die Bühne zu bringen.

Ein »Höhepunkt«, wie Wenja mit eifriger Geschäftigkeit sein Geschlecht möglichst vergrößert zu kopieren versucht und sich das Foto dann glücklich vor den Hosenlatz pinnt; ein anderer, wie er als Experte aus undefinierbaren Ingredienzien einen al­koholischen Kracher mixt und säuft.

Weniger also die poetisch-realistische Substanz des Geschwafels steht im Mittelpunkt, das armselige Desaster eines gewe­senen Brigadiers, der auf alle Leiter spuckt, weil die ihn feuerten, als er statt zu arbeiten mit seinen Leuten bummelte und soff - vielmehr die gut improvisierte Spielastik eines zweifellos begabten Darstel­lers. Ein frohgemuter Mime demonstriert gestikulierend eine Gestalt, die anfangs mit Megaphon als lebendiger Lautspre­cher des Kursker Bahnhofs fungiert, sich dann als ein cleverer Vorführer von aller­lei Schnickschnack entpuppt, wobei ihm am Rande der Fahrstrecke ein Kopierge­rät zur Verfügung steht. Und für kurze Mo­mente ist da auch ein sensibler Schauspie­ler, der vertrackte Lebenssituationen ei­nes trunken philosophierenden Reisen­den entstehen und nachempfinden lässt.

 

 

Neues Deutschland, 6. Dezember 2001