Interview aus „SUPERillu Online“ vom
21. November 2017:
Es ist eine Rolle, mit der sich Anja Kling leicht
identifizieren konnte – und die doch ans Eingemachte ging: Gestern Abend
spielte sie im ZDF-Film „Der Kommissar und das Kind“ (aktuell in der
ZDF-Mediathek) eine erfolgreiche Moderatorin, die als berufstätige Mutter damit
kämpft, es allen recht machen zu wollen und alle gesellschaftlichen
Vorstellungen zu erfüllen. Dann wird ihre Tochter entführt, und eine
dramatische Suche beginnt …
Im Gespräch mit SUPERillu erzählt Anja Kling, 47, selbst
Mutter von zwei Kindern (Tano, 17, und Alea, 13), wie sie als junge Mama
Familie und Beruf koordiniert hat, wie sie mit ihrer Prominenz und der
Öffentlichkeit umgeht und wie schwer es für junge Menschen heutzutage ist, auf eigenen
Beinen zu stehen.
Frau Kling, im Film hadert Caroline
Schäfer damit, als Frau und berufstätige Mutter nie allen Ansprüchen gerecht
werden zu können. Kennen Sie selbst dieses Gefühl auch?
Ich kann nachvollziehen, dass es vielen Frauen so
geht, weil die Gesellschaft so unterschiedlich tickt. Als meine eigenen Kinder
noch klein waren, und ich gedreht habe, hielten es viele Leute für ganz normal,
dass die Kinder in Kitas oder von Tagesmüttern betreut wurden. Andere wiederum
fanden das ganz schrecklich und meinten, ich könne doch noch nicht schon wieder
arbeiten …
imago
Anja Kling mit
Sohn Tano (17) und Tochter Alea (13) im Tempodrom in Berlin
Kein schlechtes Gewissen?
Fest steht, „nur“ Hausfrau und Mutter zu sein ist
schwer genug und ein Vollzeitjob. Aber ich für meine Person bin der festen
Überzeugung, dass ich damit nicht glücklich geworden wäre. Als Mutter auch
berufstätig zu sein, das gehört für mich zu meinem Wohlfühlgefühl auf jeden
Fall dazu. Ich glaube, dass man Kindern ein glückliches Aufwachsen nur dann
ermöglichen kann, wenn man selbst glücklich ist. Und da muss jede Frau für sich
selbst herausfinden, was das für sie ist. Wenn man seine Pläne nicht
verwirklicht, nur weil das Umfeld oder die Gesellschaft es so fordern, dann
geht das in die falsche Richtung.
Eine wichtige Frage ist dabei auch
immer: Inwiefern helfen die Männer in der Familie und im Haushalt mit? Wie war
das damals bei Ihnen und dem Vater Ihrer Kinder?
Er war eine große Hilfe. Wir haben uns das prima
geteilt: Beim ersten Kind bin ich relativ
lange zu Hause geblieben, bevor ich wieder gearbeitet habe; beim zweiten Kind
hat er das übernommen. Aber das ist ja auch insgesamt in unserer Gesellschaft
viel besser geworden. Durch Elternzeit auch für die Väter, durch das Elterngeld
und andere Maßnahmen ist es heutzutage wesentlich einfacher, dass auch die
Väter mal zu Hause bleiben. Und dennoch ist es bis heute so: Nimmt sich ein
Mann einen Tag die Woche frei für sein Kind, ist er gleich der Superdaddy. Und
bei Frauen wird einfach vorausgesetzt, dass sie sich diese Zeit nehmen.
Damals, als Sie ein Kind waren, war
es in der DDR ganz normal, dass man als Mutter arbeiten ging.
Aber damals hat man den Frauen auch nicht wirklich
eine Wahl gelassen. Meine Mutter wäre vielleicht gern ein bisschen länger zu
Hause geblieben. Aber nach acht Wochen hieß es: Zack, Kind in die Krippe – und
weiter geht’s! Allerdings muss ich sagen: Mein Vater hat damals schon kräftig
mit angepackt und sich die Arbeit mit meiner Mutter geteilt. Schon allein,
weil’s anders gar nicht ging.
Wie erinnern Sie sich an Ihre
Kindheit?
Ich hatte eine ausgesprochen glückliche Kindheit. Und
ich habe nur positive Erinnerungen daran.
Wussten Sie eigentlich immer schon,
dass Sie einmal Mutter sein wollten?
Ja! Mir war immer klar: Ich will Kinder haben. Und
hätte ich nicht diesen Beruf ergriffen, hätte ich vielleicht sogar mehr als
zwei … (lacht)
ZDF
Weiß Nachbarsjunge Janosch (Dario Prodoehl) etwas über
dasVerschwinden von Carolines Tochter? Anja Kling in "Der Kommissar und
das Kind" (ZDF)
Im Film wird das Kind der bekannten
Moderatorin entführt. Wie sind Sie selbst mit dieser Thematik umgegangen:
Prominenz und Familie?
Ich habe das immer sehr aus dem Bauch heraus
entschieden. Als die Kinder sehr klein
waren, habe ich sie aus der Öffentlichkeit herausgehalten, um sie zu schützen.
Aber ich habe sie nicht permanent versteckt oder ihren Kinderwagen mit Tüchern
verhangen. Inzwischen sind sie alt genug, um das selbst zu entscheiden. Vor
Kurzem war ich mit ihnen auf einem roten Teppich. Da habe ich ihnen vorher
erklärt: Wenn ihr mit mir da rübergeht, werdet ihr natürlich fotografiert. Das
war okay für sie, und dann ist es das auch für mich.
Aber Sie forcieren diese
Öffentlichkeit auch nicht?
Nein. Ich würde nie sagen: „Es wäre schön, wenn ihr zu
diesem Termin dazukommt.“ Oder sie dazu ermutigen, sich beruflich in die
gleiche Richtung zu orientieren. Es gibt ja einige Kollegen, die gern mit ihren
Kindern vor der Kamera stehen – wahrscheinlich, weil die Kids das auch
unbedingt wollen. Bei uns war das nicht der Fall. Und ich habe sie auch nie da
hingedrängt.
Was, wenn sie sich irgendwann doch
noch für Ihren Beruf interessieren?
Wenn sie je gesagt hätten: „Bitte, bitte, ich möchte
so gern schauspielen!“ – dann hätte ich es nicht verboten. Dann hätte ich
gesagt: „Geh zum Casting und schau, ob du Talent hast, und wenn du genommen
wirst, lege ich dir keine Steine in den Weg.“ Aber glücklicherweise haben beide
gar keine Ambitionen in dieser Richtung.
Wie ist das für Ihre Kinder heute:
Kommen sie mit Ihrer Prominenz gut klar? Oder ist Ihnen die Schauspieler-Mama
auch schon mal peinlich?
Sie gehen damit ganz natürlich um. Allerdings wohnen
wir nun auch in einer Gegend, in der ich nichts „Besonderes“ bin. Ich bin nicht
die Schauspielerin, ich bin die Anja, und die meisten kennen mich aus der
Schule. Wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin, und mich spricht mal jemand
an und bittet um ein Foto, dann ist das für sie nicht schlimm. Die meisten
Menschen gehen ja auch sehr freundlich mit uns um … (lacht)
Machen Sie sich oft Sorgen um Ihre
Kinder?
Ich würde es nicht Sorgen nennen. Egal ob
Schauspielerin oder nicht – als Mutter denkt man wohl immer auch darüber nach:
Was machen meine Kinder? Wie geht es ihnen? Was wird mal aus ihnen? Wie kann
ich ihnen helfen, sie unterstützen? Und irgendwann ist es mit der Erziehung mal
vorbei. Dann kann man nur noch sagen, dass man immer ein Netz für sie ist. Da
geht es mir wohl so wie jeder anderen Mutter auch.
Sind Sie eine dieser sogenannten
„Helikoptermütter“, deren ganzes Leben nur um die Kinder kreist?
Ich kümmere mich natürlich um meine Kinder, bin immer
für sie da, und sie wissen, dass sie immer auf mich zählen können. Aber eine
überbehütende Helikoptermutter bin ich nicht. Ganz im Gegenteil: Ich beobachte
mit Stolz, wie sie sich langsam aus ihrem Nest erheben und anfangen zu fliegen.
Und das finde ich wunderschön! Früher hätte ich gedacht, dass ich in diesem
Moment gluckiger wäre – aber ich kann ganz gelassen zusehen, wie ihre Kreise
größer werden und sie mehr und mehr in ihr eigenes Leben starten.
ZDF
In "Der Kommisar und das Kind" (ZDF) spielt
Anja Kling eine erfolgreiche Moderatorin, die sich zwischen Kind und Karriere
aufreibt. Dann wird plötzlich ihre Tochter entführt
Was glauben Sie: Ist es in Zeiten
von Online-Dating und virtuellem Flirten heutzutage für junge Menschen
schwerer, einen Partner zu finden, der für eine ernsthafte Beziehung, für
Familie bereit ist?
Als ich jung war in der DDR, da stellte sich die Frage
nicht. Man entschied sich schneller füreinander, weil man sonst zum Beispiel
keine Wohnung bekam. Dazu kommt: Als ich meine erste Wohnung bezog, kostete die
14 DDR-Mark! Auszuziehen hatte damals mit Geld nichts zu tun. Heute ist das
ganz anders: Welcher junge Mensch kann es sich denn schon leisten, in eine
eigene Wohnung zu ziehen? Und so bleibt man eben länger daheim bei den Eltern.
Andererseits: Schon in meiner Jugend gab es Leute, die nicht gleich heiraten
wollten. Die erst mal das Singleleben voll auskosten wollten. Und heute gibt es
genauso diejenigen, die in einer Partnerschaft glücklicher sind.
In dem Haus, in dem Sie wohnen,
haben Sie viele Jahre zusammen mit Ihrer Schwester Gerit und deren Familie
gelebt. Fühlt sich das Haus heute manchmal leerer an?
Nein. Natürlich habe ich auf einmal mehr Platz, das
war anfangs komisch – aber an mehr Platz gewöhnt man sich schnell. (lacht) Es
war eine schöne Zeit mit Gerit, wir haben unsere Kinder zusammen großgezogen.
Die sind inzwischen Teenager. Jetzt ist es eine neue Zeit, und die ist auch
schön: Wir können uns wieder gegenseitig besuchen – eine andere, neue, aber
auch sehr schöne Qualität!