Vorwort
Wer gern Faxen macht, ist noch kein
Schauspieler. Er stellt nur Grimassen zur Schau. Wer jedoch jemanden nachahmt,
ist auf dem Wege; denn er stellt einen anderen Menschen dar, einen Fremden, den
er beobachtet hat. Wer das Nachgeahmte sogar wiederholen kann, obwohl das
Vorbild nicht mehr anwesend ist, dürfte mimetisches Talent haben.
Professionelles Schauspielen allerdings beginnt erst, wenn
der Nachahmende in der Lage ist, das Nachgeahmte vor Publikum zu wiederholen,
und zwar so oft und wann immer es gewünscht wird in annähernd gleicher Qualität!
Anders gesagt: Schauspielen beginnt, wenn das spontane Spiel in Arbeit
„ausartet“.
Daher sollte, wer glaubt,
Schauspieler sei ein so leichter wie einträglicher Beruf, seinen Entschluss
noch einmal prüfen. Ohne harte Arbeit wird sich Erfolg nicht einstellen. Wer
aber fest entschlossen ist, wird in diesem Buch das notwendige Handwerkszeug
finden. Denn ohne Beherrschung grundlegender methodischer Mittel wird der Beruf
zur Qual, nicht zur Freude.
Sich verwandeln, in fremde
Gestalten, in tragische oder komische Helden aus Gegenwart und Vergangenheit,
aus Phantasie und Realität – welch ungeheure Lust und Genugtuung. Gelingen kann
das allerdings nicht ohne Wissen über den Menschen und die Gesellschaft; auch
nicht ohne ständiges aufmerksames Beobachten von Menschen. Und es bleibt
dilettantisch, wenn nicht gelernt wurde, solid zu arbeiten.
Die hier empfohlene Arbeitsmethode
wurde über Jahrzehnte an der Schauspielschule Berlin (heute Hochschule für
Schauspielkunst „Ernst Busch“) entwickelt und praktiziert. Sie ist ausführlich
dargelegt in den Büchern „Improvisation und Schauspielkunst“ und „Schauspielen
– Handbuch der Schauspieler-Ausbildung“. In vorliegendem Band wird sie in neuer
Aufarbeitung praktikabel zusammengefasst.
Berlin 2003
Gerhard
Ebert